Ab Montag (15. März) war klar, dass unser weltwärts-Freiwilligendienst vorzeitig beendet werden muss und wir zurück nach Deutschland fliegen. Wie das ganze trotz Ausgangssperre, Flugverbot und Grenzschließungen organisiert werden und wann die Heimreise sein würde, konnte aber noch niemand sagen. Die Ungewissheit war das Quälendste, denn ab diesem Zeitpunkt saßen wir auf gepackten Koffern und verabschiedeten uns quasi jeden Tag.

Diese Nachricht war ein Schock für Emma und mich und wir waren erstmal verzweifelt. Wir hatten uns beide auf den Schulbeginn nach drei Monaten Ferien gefreut, ab dem ich den ganzen Vormittag in der dritten Klasse – meiner Lieblingsklasse:) – mitgeholfen hätte und mir schon viele Gedanken gemacht und Ideen dafür gesammelt hatte. Außerdem stand der Besuch meiner Eltern im Mai noch bevor und ich wollte weitere Teile Perus, v.a. den Amazonas, kennenlernen. So viele wertvollen Erlebnisse und Erfahrungen wurden uns durch eine einzige Nachricht, dass wir schnellstmöglich heim müssen, genommen. Insgesamt war so ein abruptes Ende unvorstellbar, denn wir dachten ja, bis August zu bleiben.
Am Dienstag gab es immernoch keine neuen Informationen. Jedoch war nun auch für die anderen vier Freiwilligen vom IVWK klar, dass sie bald nach Hause reisen würden. Von Mentoren, Entsendeorganisationen, dem Ministerium und der Botschaft in Lima kamen überall verschiedene Informationen, die uns dadurch natürlich auch nicht beruhigen konnten. Währenddessen wurden die Maßnahmen in Peru weiter verschärft und wir durften wirklich keinen Schritt mehr aus dem Kinderdorf treten. Die Situation änderte sich gefühlt stündlich und das hat uns verrückt gemacht. Inzwischen hatte ich mich einigermaßen damit abgefunden, nach Hause zu fliegen, weil ich sowieso nichts dran ändern kann, aber trotzdem war es kein schönes Gefühl.

Am Mittwoch wurde uns nun gesagt, dass man selbst, um bis nach Lima zu kommen einen polizeilich ausgestellten Passierschein braucht. Dieser sollte für uns alle beantragt werden, damit wir möglichst bald nach Lima zu unserem Mentor fahren können, um gegebenenfalls näher am Flughafen zu sein. Durch diesen Schritt war sehr wahrscheinlich, dass es der letzte Abend im Kinderdorf und in meinem Haus ist, weshalb ich Wunderkerzen und einen Kuchen mitgebracht habe, um die Zeit etwas ausklingen zu lassen und mich zu bedanken.
Donnerstag morgen, als ich in der Küche und alle anderen am Packen und den Haushalt räumen waren, kam die Information, dass man für den Passierschein ein gültiges Flugticket vorlegen musste, über das wir alle noch nicht verfügten. Daraus schlossen wir, erstmal sowieso nicht aus dem Kinderdorf gehen zu müssen. Nur wenige Minuten später hatten wir trotzdem alle unseren Passierschein (?) und sollten innerhalb der nächsten zwei Stunden abreisen. Mittags konnten wir uns noch in den Häusern verabschieden, was niemandem leicht viel. Tränen waren vorprogrammiert und es war schön zu sehen, dass auch den Kindern und Erwachsenen der Abschied schwer viel. Dadurch wurde mir das Gefühl gegeben, etwas Bleibendes bewirkt zu haben, selbst wenn es nur die schönen Erinnerungen sind. Ich bin super traurig, die Kinder so zurückgelassen zu haben und nicht weiter zusehen und mithelfen zu können, wie sie über sich selbst hinauswachsen.

Auch nachdem wir uns ausgiebig verabschiedet hatten, kamen viele noch mit zum Auto, um uns zum 100sten Mal zu umarmen, alle Gute zu wünschen und zu winken. Mich umzudrehen, ins Auto zu setzen und wegzufahren hatte etwas, das sich ziemlich unwirklich angefühlt hat. Dass ich – erstmal für unbestimmte Zeit – ein letztes Mal durch diese Landschaft fuhr, konnte ich noch nicht realisieren und ließ es deswegen einfach an mir vorbeiziehen. Als wir beim Tambo nach einem Taxi suchten, merkten wir schnell, dass es aufgrund der Ausgangssperre ziemlich unwahrscheinlich war, mitgenommen zu werden, da die Straßen alle komplett leer und leise waren. Dadurch musste der Chef vom Kinderdorf mit uns weiter Richtung Lima fahren, bis wir endlich zwei Taxifahrer fanden, die bereit dazu waren und die nötigen Genehmigungen hatten, uns nach Lima zu bringen. Auf dem Weg wurden wir von Polizei und Militär je einmal genauestens kontrolliert und sind schließlich bei unserem Mentor Jürgen angekommen. Dort mussten wir dann eine Woche lang auf dem Grundstück ausharren, bis wir einen Flug nach Deutschland bekommen haben.